Nein, nicht Warum wir? Nein, auch kein Warum immer andere?
eher ein Warum überhaupt? … Warum möchte man bzw. ich überhaupt Kinder?
Über diese Frage habe ich schon lange gegrübelt und mit einigen Leuten – die alle schnell schwanger worden – gesprochen, das heißt ich habe versucht darüber zu sprechen. Wirklich zuhören wollte mir keiner. Meine – sehr ehrlichen- Überlegungen wollte niemand bestätigen. Vielleicht weil man normalerweise nicht darüber nachdenkt Warum man will? Man will halt. Ich offenbare euch nun mal meine Überlegungen. Ganz distaziert überlegt und sehr ehrlich zu mir selbst. Warum ich solche Gedanken habe, weiß ich auch nicht. Vielleicht ist es Teil eines Abschiedsprozesses, den mein Unterbewusstsein gerne starten möchte…Also mögliche Gründe für einen Kinderwunsch:
- Der Urtrieb – den kann man wirklich nicht erklären, ist halt biologisch so veranlagt, aber sicher nicht der einzige Grund, Warum sich die Menschheit fortpflanzt. (Im Übrigen aber der einzige Grund, dem man nicht rational begegnen kann.)
- Die Liebe – Ein Kind ist die Krönung einer Liebe, ein ganz besonderer Liebesbeweis. (Ja. Kann man aber auch anders beweisen. Ungewollte Kibderlosigkeit kann eine Beziehung genauso stärken.)
- Die Gesellschaft – d.h. ihre Erwartungen an uns. Wenn man einen festen Partner und einen sicheren Job hat, dann hat man sich ab spätestens Ende 20 gefälligst fortzupflanzen. Damit unsere Art erhalten bleibt. Leute, die sich diesem ungeschriebenen Gesetz verweigern – also freiwillig kinderlos bleiben- guckt man gerne schräg an. Unerhört sowas. Der Gesellschaft so zu schaden. Schließlich muss man doch auch was zurückgeben…. Ich habe etwas Angst in diese Kategorie eingeordnet zu werden. Je nach Gegenüber ist es in dieser Schublade sehr unangenehm und so fühle ich von Zeit zu Zeit den Druck mich für meine Kinderlosigkeit rechtfertigen zu müssen. Ich wollte ja, aber… – Denn das Gegenüber konfrontiert einen mit einem sehr großen Warum nicht? Ich bin der festen Überzeugung, dass uns alle unterbewusst diese Erwartungshaltung der Gesellschaft zur Fortpflanzung oder wenigstens zur Rechtfertigung des Ausbleibens derselbigen treibt.(Wobei Kinderlose den Sozialstaat oft auf ganz andere Weise fördern – sie arbeiten Vollzeit, zahlen meist mehr Steuern und engagieren sich öfter ehrenamtlich. Außerdem kurbeln sie, da sie nichts für jemanden sparen müssen, die Wirtschaft stärker an.)
- Der Narzissmus – Menschen, die sich fortpflanzen, finden sich selbst so toll, dass sie ihre Gene unbedingt verstreuen wollen. Das ist nicht verwerflich. Ich glaube auch, dass eine kleinere Version von mir ganz gut wäre. Das ist nichts anderes als Narzissmus. Ja bitter, aber ist so. Sonst könnte ja alle, also auch die, die eigentlich fruchtbar sind, adoptieren. Machen sie aber nicht. Außerdem kann man sich dann so schön im eigenen Kind wieder erkennen. Warum suchen wir denn ab der ersten Minute nach Ähnlichkeiten? Narzissmus. (Wobei meiner Überzeugung nach ein Großteil ja Erziehung ist – wenn jemand sagt, dass sein Kind dieses und jenes nicht mag, weil es in den Genen liegt, dann muss ich müde lächeln. Sehr viel von solchem Verhlaten ist einfach Lernen am Modell. Wenn der Papa Hunde doof findet, dann sind für Junior Hunde doof, einfach weil der Papa das dem Kind -bewusst oder unbewusst- vermittelt.)
- Der Egoismus – Noch so ein unterbewusster Grund, der uns treibt. Ich will im Alter nicht alleine sein. (Muss ich auch nicht. Hab ich selbst in der Hand. Mit Gernerationshäusern und Senioren-residenzen gibt`s da einige Möglichkeiten. Außerdem gibt es auch Senioren mit vielen Kindern, die trotzdem einsam sind.)
- Die Neugier – Ich würde einfach gerne wissen, wie unser Kind wäre. Wie es aussehen würde und welche Eigenschaften es hätte. Und ich will mich fragen: Warum ist es so und so geworden? (Zumindest das Optische kann man sicher mit einem Computerprogramm abschätzen.) Außerdem möchte ich gerne wissen, wie es sich anfühlt schwanger zu sein. Wenn dein Baby tritt und der Bauch wächst und dich all diese Glückshormone überfluten… (Ja diese Neugier werde ich dann wohl nicht befriedigen können -Wobei ein paar Pillen und verdorbener Fisch mich an den Zustand einer Schwangerschaft vielleicht nahe ran bringen können 😉 ) Außerdem kann man mit einem Kind so viel Tolles erleben – es macht das Leben ungalublich spannend und eröffnet neue Perspektiven . (Es gibt aber auch andere, schöne Wege sein Leben zu bereichern.)
- Die Persönlichkeitsentwicklung – Durch eine Elternschaft werden Menschen automatisch voran getrieben, sie müssen quasi eine Entwicklung durchmachen, erleben viel Neues durch den kleinen und später großen Erdenbürger … als Mutter muss man sich nicht unbedingt selbst definieren, man kann sich treiben lassen und wird quasi definiert. (Ob das schön ist und ob man das will sei dahin gestellt.) Aber es ist zumindest einfacher, als die nächsten 30 Jahre selbst für die Reifung der eigenen Perönlichkeit verantwortlich zu sein… das erfordert eine genaue Analyse des eigenen Standpunktes, Zielformulierungen und die Suche nach Wegen, diese Entwicklung dann auch voran zu treiben. (Deswegen schreckt meiner Meinung nach viele ein Leben ohne Kind ab.) Durch die Mutter-/Elternschaft werden einem automatisch gewisse Ziele vorgegeben – man muss sie nicht verfolgen, aber man kann und das ist einfacher als sich die Ziele selbst zu setzen. Deswegen fallen manche Eltern ja auch in ein Loch, wenn die Kinder aus dem Haus sind, weil sie erst wieder lernen müssen, sich selbstbestimmt zu definieren und zu entwickeln undabhängig von einer Elternrolle. (Andererseits hat mein Weg mich auch zu einer Persönlichkeitsentwicklung gebracht, die ich als Mutter so bestimmt nicht durchgemacht hätte. Wäre ich gleich schwanger geworden, wäre ich heute eine andere Version von mir. Darüber hinaus ist eine Persönlichkeitentwicklung unabhängig von einer Elternrolle definitiv selbstbestimmter, denn an mich hat die Gesellschaft nicht tausend Erwartungen. Von mit als ungewollt kinderlose Frau gibt es kein verklärtes Idealbild – eine große Freiheit wie ich finde!)
- Das Glück – Die Meisten von uns assoziieren Familie mit heile Welt, mit Glück, mit Liebe, Geborgenheit usw. Deswegen wollen wir so leben. Aaaaber ich kann und darf einem anderen (und schon gar nicht meinem Kind) nicht mein persönliches Lebensglück aufbürden! Es gibt nur einen, der für mein Glück verantwortlich ist. Ich. Deswegen schaudert es mich ehrlich gesagt etwas, wenn ich höre, dass jemand nicht weiß, wie er ohne Kind leben soll, dass all sein Glück davon abhängt schwanger zu werden. Ja, eine Schwangerschaft und eine Familie sind sicherlich eine Chance auf ein glückliches Leben, aber sie sind ebensogut eine Chance auf ein furchtar unglückliches Leben – nämlich dann, wenn sie nicht so sind wie in unseren Wunschträumen, wenn sie letztlich nicht das halten, was unsere Sehnsucht uns versprochen hatte. (Bestimmt gibt es keine bedingungslosere und tiefere Liebe als die Liebe von Eltern zu ihrem Kind und dementsprechend auch kein größeres Glück, aber jede Liebe macht auch verletzlich… insofern gibt es wohl auch kein größeres Leid, als wenn dem eignen Kind etwas Schlimmes widerfährt. *Wobei dies hier bitte nicht als Statement gegen enge Verbindeungen zu verstehen ist.*)
- Die Zugehörigkeit – Der Mensch ist ein soziales Wesen und als solches möchte er immer bestimmten Gruppen angehören. Schon im Kindergarten finden wir es furchtbar doof, wenn die anderen uns nicht mitspielen lassen. Und jetzt finden wir es eben furchtbar unfair, dass wir nicht einfach dieser Elterngruppe angehören können. (Das ist es natürlich auch, da uns ja quasi eine biologische Grundfunktion fehlt.) Dass uns die Elterngruppe manchmal sogar ausschließt, weil wir niemanden haben, den wir zu einem Spieldate mitbringen können, ist für uns bitter. Manche Kinderwünschler/innen schließen sich wiederum selbst aus, weil sie Angst vor dem Schmerz haben, den sie empfinden, wenn sie registrieren, dass sie zwar in der Elterngruppe akzeptiert sind, aber eben doch „keiner von denen“ werden können. Wie ein Farbenblinder, der mit ins Museum geht, aber die Kunstwerke doch anders wahrnimmt als der Rest. (Andererseits warum stört es uns so sehr, dass wir gerade dieser Gruppe nicht beitreten können? Gäbe es nicht ebenso reizvolle Gruppen? Ich werde wohl auch nie Ballerina sein oder Millionärin oder Entwicklungshelferin – deswegen habe ich aber noch nie geheult… 🙂 )
Ihr seht, es gibt viele Gründe, die unseren Kinderwunsch bewusst oder unbewusst beeinflussen. Ich möchte euch gerne anregen (vor allem alle, die sehr unter ihrer ungewollten Kinderlosigkeit leiden) euch ganz bewusst mit diesen Gründen auseinander zu setzen. Es ist richtig und ehrenvoll, vieles (nicht alles!) für sein Wunschkind zu tun und hart dafür zu kämpfen, aber bitte nicht, weil man *ohne Kind nicht leben kann*… das kann man. Wie gut, ist natürlich individuell. Aber man kann es. Alle, die hier schon länger dabei sind, wissen, dass ich auch diese ganz teifen Täler kenne. Dieses endlose Schwarz der Seele, dass einen aufzusaugen scheint – aber man kann dieses Schwarz vertreiben. Mit Logik. Vielleicht stehen in euren Klammer (…) andere Argumente als in meinen, aber ich denke, jeder sollte sich einen inneren Fürsprecher zulegen, der einem das ein oder andere Gefühlschaos gerade rückt. Ja ich möchte ein Kind, aus all den Gründen und noch tausend anderen… (aber ich kann auch ohne Kind gut leben, anders aber gut.) Dessen bin ich mir heute sicher. Bestimmt werden mich die biologische Uhr und der Urtireb demnächst wieder einholen und mich mit aller Trauer zu Boden ringen. Aber heute, kurz bevor wir ins 5. Jahr unseres Kinderwunsches starten, kann ich sagen, dass mein Leben nicht zu einem Scherbenhaufen wird, wenn es nicht klappt. Ich wollte das nur mal festgehalten haben – hauptsächlich für mich und ein bisschen für euch.
Alles Liebe und Respekt fürs fertig Lesen 😉 Frau Einstrich