Ich kann gar nicht so richtig was zu meinen Gefühlen sagen. Der Lieblingsmann ist schockiert und traurig und wütend und überhaubt… Ich bin gefasst, sarkastisch und weiß auch nicht… Nachdem die euphorisierende Wirkung des Propofols gerstern nachgelassen hatte, war ich eher neutral gestimmt. Hab alle Juhus und Wows beiseite geschoben, denn ich wusste eines: Es kann wieder so beschissen laufen wie beim ersten Mal.
Nun brauche ich nicht zu jammern. Ich hatte von Anfang an ein anderes Bauchgefühl. Ich hatte nach dem letzten Versuch gesagt, dass ich sowas nie wieder erleben will, dass ich eine ICSI will und auf Nummer sicher gehen will. Ich hatte gleich den Gedanken, dass bei uns eine Interaktionsstörung vorliegt. Ich hatte das in der Therapie so besporchen. Ich hatte ausführlich dargelegt, dass ich mich bisher IMMER auf mein Bauchgefühl verlassen konnte… den anderen hat mein Bauchgefühl nicht gepasst. Die anderen wollten nicht glauben, dass wir zu den wenigen Prozent gehören, die eine Interaktionsstörung haben. Die Ärztin sagte es läge am schlechten Spermiogramm des ersten Versuches. Die Ärztin sagte unsere PKV würde nie eine ICSI bezahlen, der Anwalt meinte auch, dass wir wenig Chancen hätten und dann auch die Beihilfe abspringen würde. Der Lieblingsmann wollte das alles gerne glauben. Ich wollte das alles gerne glauben. Ich hatte große Angst wegen der Kosten. Wenngleich ich durchwegs ein komisches Bauchgefühl hatte. Ich gelte bei meiner Familie und im Freundeskreis als rechthaberisch und arrogant (also liebenswürdig arrogant 😉 , aber arrogant). Wenn man meinen wunden Punkt treffen möchte, muss man mir das nur an den Kopf werfen… ich hatte das Gefühl, dass der Lieblingsmann sauer ist, wenn es nach meinem Kopf geht und wir ne ICSI machen, weil doch die Ärztin so überzeugt war, es läge am Spermiogramm. Eine IVF wäre ausreichend. Irgendjemand sagte mir, ich hätte schließlich kein Medizin studiert, sollte endlich mal den Ärzten vertrauen – nicht so arrogant sein. Nun ja – ich habe mich bequatschen lassen, habe den (sozial und finanziell) leichten Weg gewählt. Ich habe das bewusst getan. Ich habe bewusst gegen mein Bauchgefühl gehandelt. Da kann keiner was dafür – außer ich. Ich bin keinem böse. Ich war zu schwach. Ich habe mich nicht genug für mein Glück eingesetzt… Keiner hat in böser Absicht gehandelt. Keiner hat mich gezwungen. Dennoch habe ich am Ende leider Recht behalten…. ich hätte gerne in dieser schönen Wölkchenwelt mitgespielt, wo man einfach mal Pech hat und dann alles gut wird. Aber ich gehöre nicht in diese Welt. Der liebe Gotte oder wer auch immer hat mich mit viel Selbstvertrauen ausgestattet und mit Intelligenz und Durchsetzungskraft, damit ich für meine Werte und Überzeugungen einstehen kann. Damit ich außerhalb der Wölkchenwelt überlebe und es zur Not auch mal schaffe, mich gegen ALLE anderen zu stellen. Einfach weil ich Recht habe. Ab so fort gilt hier wieder die Regel: Ich höre auf mein Bauchgefühl! Ja es ist doof, wenn man sich auf dem Kinderwunschweg nicht einig über die Richtung ist. Und ja ich würde manchmal auch lieber auf andere vertrauen können und es ihnen zu liebe so oder so machen. Aber das funktioniert so nun mal nicht. Es gibt Bereiche, da hab ich sicherlich keine Ahnung und da dürfen gerne andere entscheiden. Aber beim Kinderwunsch bin ich die Expertin und deswegen höre ich jetzt wieder mehr auf mich! Fest steht für mich: es wird eine ICSI geben. irgendwann. irgendwie. Ich will in diesem verdammten 4 Jahren wenigstens EINMAL eine Chance gehabt haben. Fest steht auch, wenn dabei wieder irgendein Mist rauskommt, war es das. Keine Gentests. Keine PID. Keine Samenspende. Keine Eizellspende. Vielleicht Adoption. Ich habe mit diesem Versuch nichts verloren, außer: ein paar hudert Euro, 15 Eizellen = ein Jahr weniger bis zur Menopause, ein paar Nerven. Ich bin meinem Wunschkind nicht näher gekommen, aber es ist auch nicht weiter weg gerückt. Der Versuch war diesmal nicht schlimm – weder psychisch noch körperlich. Da ich noch leichte Schmerzen von der PU habe, bleibe ich morgen noch zuhause und gehe ab Donnerstag wieder unterrichten… sicherlich wird irgendwann der Punkt kommen, an dem ich hadere mit Wut, Trauer und Verzweiflung. Ihr werdet es erfahren 😉 Jedes Gefühl zu seiner Zeit. Und heute: Kein Gefühl.
Danke für alle eure lieben Worte und den Trost. Danke für alle Daumen und guten Gedanken. Danke, dass ihr einfach dabei wart/seid und ich da nicht alleine durch muss.
Bis Bald, Frau Immernoch-vielleicht für immer-Einstrich